Der heilige Bischof Nikolaus von Myra wurde „der Heilige der ungeteilten Christenheit“ (Lothar Heiser) genannt. Er lebte im letzten Viertel des 3. Jh. und in der ersten Hälfte des 4. Jh. in Myra in Lykien (dem heutigen Demre im Südwesten der Türkei). In der Ostkirche wird er als Wundertäter und Helfer in allen Nöten geradezu überschwänglich verehrt. Auch im Westen galt er jahrhundertelang als der Größte unter den Nothelfern. Seine Bedeutung überragt die Trennung zwischen Ost- und Westkirche.

Dabei tritt seine geschichtliche Persönlichkeit zurück hinter einem Kranz von Legenden, die ebenso poetisch wie tiefsinnig sind. Diese Legenden sind nicht bloßes Werk dichterischer Phantasie. Sie spiegeln in markanten Szenen das ewige Bild des heiligen Bischofs wider, der in allen Nöten des Leibes und der Seele zu Hilfe eilt, wo immer man ihn ruft.

  • So wird von ihm überliefert, dass er in drei aufeinander folgenden Nächten je einen großen Goldklumpen seines elterlichen Erbes durch das Zimmerfenster dreier Jungfrauen warf, so dass ihr verarmter Vater sie nicht der Prostitution übergeben musste, sondern sie standesgemäß verheiraten konnte.
  • Drei unschuldig zum Tod verurteilte Feldherren errettete er, indem er im Traum dem Kaiser erschien und ihm die Verschwörung mitteilte.
  • In Seenot geratene Schiffsleute riefen den heiligen Nikolaus an, worauf ihnen ein Mann erschien, der den Sturm zum Abflauen brachte und das Schiff sicher in den Hafen lenkte und daraufhin wieder verschwand. Als die Seeleute in der Kirche von Myra zum Dank für ihre Rettung beteten, erkannten sie den Heiligen und dankten ihm.

Viele weitere Wunder werden vom heiligen Nikolaus berichtet, wie das Kornwunder während einer großen Hungersnot, die Heimführung eines verschleppten Kindes bis hin zu Totenerweckungen. So haben ihn die Christen des Ostens und des Westens von alters her als universalen Helfer verehrt, der niemanden im Stich lässt, der ihn vertrauensvoll anruft.

Kaiser Justinian errichtete um 550 in Konstantinopel eine dem hl. Nikolaus geweihte Kirche. Seine Verehrung verbreitete sich in Griechenland und später in den slawischen Ländern. Im frühen 8. Jahrhundert erreichte der Kult Italien, das damals noch enge Beziehungen zum oströmisch-byzantinischen Reich unterhielt, erlangte bald große Popularität und verbreitete sich zunehmend in Süd- und Mitteleuropa. In den deutschsprachigen Raum kam der Nikolauskult im 10. Jahrhundert. Zunächst blüht die Nikolausverehrung im Rheinland auf im, im 11. Jh. ist sie für Frankreich und England belegt.

In einer um 1000 von einem unbekannten Autor griechisch überlieferten Vita des Heiligen heißt es: „Der Okzident wie der Orient besingen und preisen ihn. Es gibt kein Volk, kein Land, keine Stadt, keinen Flecken, keine Insel, wäre sie selbst in den entferntesten Gegenden der Welt, wo man seinen Namen nicht verehrte und wo ihm nicht Kirchen errichtet worden wären: man setzt ihm Standbilder, man verehrt ihn durch Lobgesänge und Feste, und alle, die den Namen Christen führen ... feiern sein Gedächtnis und erflehen seine Fürsprache; und seine Wohltaten, ... die von Jahrhundert zu Jahrhundert fortdauern, sind über die ganze Erde verbreitet“ (zit. n.: Der heilige Nikolaus - die Wahrheit der Legende, von Gertrude und Thomas Sartory, Freiburg i. Br. 1981, S. 17).

1087 brachten süditalienische Kaufleute vor der Eroberung Myras durch seldschukische Truppen die Gebeine aus der Grabstätte des Heiligen in ihre Heimatstadt Bari. Dort errichtete man auf den Trümmern des byzantinischen Gouverneurspalastes die monumentale Basilika von San Nicola, die Papst Urban II. 1098 weihte. Zwischen dem 11. bis zum 16. Jahrhundert wurden dem hl. Nikolaus diesseits der Alpen mehr als 2200 Kirchen geweiht.

In Niederaltaich wird das Altarfest der großen St.-Nikolaus-Kirche am 6. Dezember, seinem Todestag (326, 345, 351 oder 365) begangen. Das Altarfest der kleinen Kirche wird am 9. Mai gefeiert, dem Tag der Ankunft der Nikolaus-Reliquien in Bari.