Willst du von Gott etwas sagen oder hören, dann löse dich von deinem Leib, mache dich frei von den leiblichen Sinnen, verlasse die Erde, verlasse das Meer, lasse den Luftraum unter dir, durcheile die Stunden und der Zeiten Lauf, die Herrlichkeiten der Erde. Schwing dich empor über den Äther, wandle durch die Sternenwelt und betrachte ihre Wunder, ihre Schönheit, ihre Größe, den Nutzen, den sie dem Weltall bringen, ihre Harmonie, Herrlichkeit, Stellung, Bewegung, ihre gegenseitige Bezogenheit und Entfernung! Hast du das alles im Geist durchdacht, so erhebe dich über den Himmel, und hoch über ihm betrachte allein im Geist die dortigen Schönheiten, die himmlischen Heere, die Chöre der Engel, die Ämter der Erzengel, die Herrlichkeit der Herrschaften, den Vorrang der Throne, die Mächte, die Fürstentümer, die Gewalten.

Hast du das alles durcheilt und dich in Gedanken über die ganze Schöpfung emporgeschwungen und deinen Geist über all das erhoben, dann betrachte die göttliche Natur, die da ist beständig, unwandelbar, unveränderlich, leidlos, einfach, nicht zusammengesetzt, unteilbar, unzugängliches Licht, unaussprechliche Macht, unbegrenzte Größe, strahlende Herrlichkeit, begehrenswerte Güte, unbegreifliche Schönheit, die die verwundete Seele mächtig erfasst, die sie aber nicht angemessen zu schildern vermag.

Dort ist der Vater und der Sohn und der Heilige Geist, die unerschaffene Wesenheit, die Herrlichkeit voller Würde, die wesenhafte Güte. Der Vater ist der Ursprung aller Wesen, die Ursache für das Sein der Wesen, die Wurzel alles Lebendigen. Von ihm ist ausgegangen die Quelle des Lebens, die Weisheit, die Macht, das unvergleichliche Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der aus dem Vater geborene Sohn, das lebendige Wort, das Gott ist und bei Gott ist, der Logos, der ist und nicht erst wurde, der vor der Zeit ist und nicht später gemacht wurde: Sohn, nicht Eigentum; Bildner, nicht Gebilde; Schöpfer, nicht Geschöpf; der alles ist, was der Vater ist. ...

Wo der Vater und der Sohn ist, dort ist auch der Heilige Geist zu schauen, der gleichen Wesens der Natur nach ist und alles hat, die Güte, die Gerechtigkeit, die Heiligkeit, das Leben. ... Wie vom Feuer die Wärme und vom Licht das Leuchten nicht zu trennen sind, so können vom Geist nicht die Heiligkeit, das Lebenschaffen, die Güte und die Gerechtigkeit getrennt werden. Dort also ist der Geist, dort in der seligen Wesenheit, nicht der Anzahl nach hinzugezählt, sondern in der Dreiheit geschaut, als Einheit verkündet, nicht als Teil einer Vereinigung. Wie der Vater einer ist und einer der Sohn, so ist auch einer der Heilige Geist. Die dienstbaren Geister dagegen stellen sich uns in jeder Art als eine unzählige Schar dar. Daher suche nicht in der Schöpfung, was über der Schöpfung ist! Stelle den, der heiligt, nicht mit denen gleich, die geheiligt werden! Der Geist erfüllt die Engel, erfüllt die Erzengel, heiligt die Gewalten, belebt das All. Er ist in der ganzen Schöpfung zugegen, teilt sich dem einen auf diese, dem anderen auf eine andere Art mit. ... Sein Geist wirkt in den Propheten, macht die Gesetzgeber weise, weiht die Priester. verleiht den Königen Kraft, führt die Guten zur Vollkommenheit, verleiht den enthaltsam Lebenden Würde, wirkt die Gabe des Heilens, macht Tote lebendig, befreit die Gefesselten, macht die zu Kindern Gottes, die ihm fernstanden. Das alles bewirkt er durch sein himmlisches Schaffen. Findet er einen gläubigen Zöllner, macht er ihn wie Matthäus zum Evangelisten; trifft er einen Fischer, macht er ihn wie Petrus zum Gottesgelehrten; findet er einen reumütigen Verfolger, macht er ihn wie Paulus zum Apostel für die Heiden, zum Verkünder des Glaubens, zum „auserwählten Werkzeug“ (Apg 9, 15). Durch ihn werden die Schwachen stark, die Armen reich, die Wortstümper weiser als die Weisen. ... Nicht wie ein Diener teilt er die Gaben aus, sondern aus eigenem Willen verleiht er die Gnaden. „Einem jeden teilt er", wie Paulus sagt, „seine besonderen Gaben zu, wie er will" ( 1 Kor 12, 11). Wohl wird er gesandt zu unserem Heil, aber er wirkt in eigener Vollmacht. Lasst uns beten, dass er in unseren Seelen wohne und uns niemals verlasse - durch die Gnade unseres Herrn Jesus Christus.

Basilius der Große, Über den Glauben, 13. Predigt, 1-3; PG 31, 465 A - 472 A; Übersetzung: Lothar Heiser, Quellen der Freude, 261-263